Der CFO als Krisenmanager
Vier Schritte von der taktischen Liquiditätssicherung bis zur langfristigen Überlebensfähigkeit
Eine der zentralen Aufgaben des CFOs während einer Krise ist die Sicherstellung der finanziellen Liquidität. Ein Liquiditätsengpass kann schnell zur existenziellen Bedrohung eines Unternehmens führen. Insbesondere sind in Krisenzeiten ergänzend zum operativen Kosten- und Liquiditätsmanagement eine Menge zusätzlicher Maßnahmen erforderlich. Dazu werden aufwendig und unter Hochdruck dezentral im Unternehmen vorliegende Informationen eingesammelt, aggregiert und bewertet. Auf dieser Basis müssen dann umgehend die richtigen Maßnahmen und Entscheidungen getroffen werden. Die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht, kann existenzentscheidend sein, gilt es doch die Zahlungsfähigkeit der nächsten 3-12 Monate aktiv zu steuern und dauerhaft handlungsfähig zu bleiben.
Es gibt 4 wesentliche Schritte, um die finanziellen Effekte einer Krise auf das Unternehmen so gering wie möglich zu halten:
- Am Anfang steht eine schnelle und umfassende Diagnose der aktuellen Situation, um festzustellen, wie stark das Unternehmen tatsächlich beeinträchtigt ist. Dabei ist wichtig zu erkennen, welchen Einfluss die identifizierten Störungen des Umsatzes, der Supply Chain oder der Produktion auf die mittelfristige Liquiditäts- und Ergebnisplanung nehmen.
- Entwicklung der Sofortmaßnahmen zur Überlebenssicherung. Identifizieren, welche Maßnahmen kurzfristig im Unternehmen ergriffen werden müssen, um Kosten zu senken, die Kapitalbindung zu reduzieren und die Liquidität zu fördern.
- Entwicklung eines mittelfristigen Liquiditätsplanes, der die Störungen und Gegenmaßnahmen berücksichtigt und mit dem strategischen Vor-Krisen-Programm abgeglichen wird.
- Das Monitoring der Einflüsse und Faktoren, die sich als Chancen oder Risiken am Horizont abzeichnen, deren Effekte aber noch nicht spürbar sind.
I. Die Liquiditätswirksamkeit von Störungen ermitteln
Die Diagnose und Aufnahme von Störungen ist ein aufwendiger Prozess, der im gesamten Verlauf der Krise gepflegt werden muss. Das aktuelle Wissen über die Situation in den Regionen, bei den Kunden und Lieferanten ist unerlässlich, weil sich Veränderungen ergeben, Krisen abschwächen oder neue Krisenherde auftreten, die entsprechendes Handeln erfordern.
Bei dem Verlust eines Umsatzes ist es wichtig zu wissen, wann er liquiditätswirksam geworden wäre und welche weiteren Effekte diese Einbuße nach sich zieht. Sind die Materialien für den Auftrag bereits in der Produktion oder können sie noch anderweitig verwendet werden? Aus der Antwort ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen auf die Liquiditäts- und Ergebnisplanung des Unternehmens.
Das gilt gleichermaßen für die Störungen aus der Supply Chain und der Produktion. Wenn Lieferanten ihre Zusagen nicht halten können oder Produktionsstraßen krankheits- oder quarantänebedingt geschlossen wurden, müssen die Auswirkungen auf die Umsätze und Kunden quantifiziert werden. Auf Basis dieser Effekte und der ursprünglichen Businessplanung kann eine mehrmonatige Liquiditäts- und Ergebnisplanung erstellt werden.
II. Sofortmaßnahmen und ihre Liquiditätseffekte simulieren
Auch im Hinblick auf die Sofortmaßnahmen muss klar sein, ob und inwieweit sie sich auf das Ergebnis auswirken. Kurzarbeit reduziert nicht nur die anfallenden Personalkosten, sondern verringert auch die Produktionskapazitäten, was sich unter Umständen negativ auf die Herstellung von Produkten niederschlägt, die am Markt nach wie vor nachgefragt werden. Um derartige Trade-offs richtig darstellen zu können, ist eine Modellierung – insbesondere auf der finanziellen Ebene – essenziell.
„Unterschiedliche Effekte und ihre Auswirkungen zu simulieren, ermöglichen es Worst-Case-Szenarien und absolute Notfallmaßnahmen gedanklich vorzubereiten.“
Was passiert, wenn ein zweiter Lock-down eintritt? Wie könnte ein präventiver Restrukturierungsrahmen aussehen? Was passiert bei einer potenziellen Insolvenz? Ist es sinnvoll, einzelne Unternehmensteile zu veräußern, um das Überleben des Konzerns zu sichern?
Auch wenn man hofft, dass solche Themen nicht relevant werden, ist eine theoretische Vorbereitung auf die unterschiedlichen Wege aus der Krise sinn- und wertvoll.
Zudem liefern Modellierungen und Szenarien überzeugende Informationen über die voraussichtliche Liquiditäts- und Ergebnisplanung, die für Investoren und Kapitalgeber von Wert sind.
III. Prognosen und langfristige Liquiditäts- und Ergebnisplanung zusammenführen
Sind die ersten Sofortmaßnahmen zur kurzfristigen Liquiditätssicherung und Handlungsfähigkeit eingeleitet, muss eine Planung aufgesetzt werden, die Ergebnisse und Liquidität mittel- bis langfristig im Griff behält. Dafür sollte das ursprüngliche strategische Programm des Unternehmens mit den Störungen und Maßnahmen aus der Krise abgeglichen, Initiativen hinterfragt und neu priorisiert werden.
Ist es noch sinnvoll das neue Produkt jetzt auf den Markt zu bringen? Wenn die Produktion des Produktes jetzt herunterfährt, wie sind die Kapazitäten anderweitig nutzbar?
Im Kern geht es darum herauszufinden, welche strategischen Themen weiterhin relevant sind, welche Projekte gestoppt, verzögert oder in ihrem Scope geändert werden sollten, um daraus eine langfristige Liquiditäts- und Ergebnisplanung aufbauen zu können.
IV. Kommende Veränderungen beobachten und ihre Effekte bewerten
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das permanente Monitoring der gesamten Businessumgebung. Es gibt Einflüsse und Faktoren, die momentan nicht zum Tragen kommen, aber das Potenzial haben, die Planung zu beeinflussen. Je früher diese als Risiko oder Chance erkannt und im Hinblick auf ihre Effekte bewertet werden, desto zuverlässiger und schneller ist ihr Einfluss auf die Liquiditäts- und Ergebnissicherung steuerbar.
CFOs, die Diagnose, Störungen und Maßnahmen, Planung und Monitoring der Einflussfaktoren aufeinander abstimmen und deren Auswirkungen auf die Umsatz-, Liquiditäts- und Ergebnisplanung konsequent bewerten, werden das Überleben und die Handlungsfähigkeit ihres Unternehmens in der Krise sichern.
Um diese komplexen und fehleranfälligen Aufgaben zu bewältigen, sollten CFOs auf gute technische Unterstützung bauen. Wer allerdings versucht sie unter Zuhilfenahme der bestehenden ERP-Systeme zu lösen, ist ggf. schlecht beraten, denn ERP-Systeme sind für die Erfassung von Effekten in einer Krise nur bedingt geeignet. Der Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken gehört nicht zu ihren Stärken, zudem sind sie für das in der Krise erforderliche Tempo oft viel zu träge.
Bessere Alternativen bieten Systeme, die über alle Phasen der Krise hinweg unterstützen. Die helfen, Störungen und Informationen schnell weltweit einzusammeln, die Informationen zu verdichten, durch Simulation der Effekte zu interpretieren, Handlungsszenarien darzustellen und so die dringend erforderliche Effizienz und Transparenz des gesamten Krisenmanagements sicherzustellen.
Kommen Sie gesund und liquide durch die Krise.
Ihr Lars Witschel