Positionierung als Bindeglied zwischen Unternehmensstrategie und Kunden
Eine Unternehmensstrategie ist definitionsgemäß der langfristige Plan, mit dem das Unternehmen seine übergeordneten Ziele erreichen, seine Existenz sichern und Ergebnisse für die Eigentümer erwirtschaften will.
Damit hat die Strategie zwar auch Signalwirkung nach außen an Kunden, Geschäftspartner und Kapitalgeber. Sie ist jedoch schwerpunktmäßig nach innen gerichtet, indem sie Mitarbeitern und Führungskräften auf allen Ebenen die Handlungsrichtung vorgibt. Aus ihr werden Teilstrategien und Zwischenziele abgeleitet; sie dient als Messgröße und Korrektiv, fokussiert auf Entwicklungsfelder oder schließt andere aus, kann selbst bei Bedarf adjustiert werden.
Viele dieser Teilelemente einer Unternehmensstrategie sind für die Kunden weder direkt relevant noch für sie bestimmt. Dennoch hat die Umsetzung der Strategie unmittelbare Auswirkungen auf die Kunden. Sie bestimmt u. a., welche Angebote des Unternehmens welche Kundenprobleme oder -bedürfnisse auf welche Weise lösen. Auch Teilstrategien wie Marketing-, Kommunikations- und Preisstrategie beeinflussen direkt die Kundenbeziehungen.
Selbst wenn diese Strategien nicht als solche nach außen kommuniziert werden, wird ihre Umsetzung vom Kunden wahrgenommen. Das reicht von Marketingbotschaften, über die Bildsprache, das Preisniveau bis hin zu kommunizierten Werten und persönlichen Erfahrungen aus Kontakten an den verschiedenen Touchpoints. Aus der Gesamtheit dieser Wahrnehmungen formt der Kunde oder Interessent eine Meinung über das Unternehmen und seine Angebote.
Im Idealfall transportieren alle diese Einzelelemente ein einheitliches Bild, das zu den strategischen Zielen des Unternehmens passt.
Diese Meinung – das Bild im Kopf des Kunden – ist die Positionierung des Unternehmens. Al Ries schreibt in seinem Buch Positioning: The Battle for your Mind:
Positioning is not what you do to a product. Positioning is what you do to the mind of the prospect. That is, you position the product in the mind of the prospect.
Bei Positionierung geht es also nicht primär darum, Produkte oder Leistungen zu verändern, sondern ihre Wahrnehmung durch Kunden und Interessenten gezielt zu gestalten.
Damit beeinflusst die Unternehmensstrategie immer auch die Positionierung des Unternehmens und seiner Angebote in der Wahrnehmung der Kunden.
Die Folgen einer fehlenden oder unklaren Positionierung
Die Folgen einer fehlenden oder unklaren PositionierungDieses bewusste und gezielte Schaffen einer für das Unternehmen wünschenswerten Kundenwahrnehmung ist wiederum von großer Bedeutung für die konkrete Umsetzung der Unternehmensstrategie. Jeder der mit einem Unternehmen oder Angebot in Kontakt kommt, wird sich zu einem gewissen Grad ein Bild davon machen. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen. In jedem Fall werden die Kunden jedoch eine Meinung über das Unternehmen bzw. ein einzelnes Angebot haben, die sich aus einer Vielzahl von Einzelelementen zusammensetzt.
Das menschliche Gehirn versucht automatisch, neue Wahrnehmungen zu bewerten, einzuordnen und Verbindungen zu schon Bekanntem herzustellen. Bei einem Kunden oder Interessenten ist das schon Bekannte mindestens sein Problem oder Bedarf und seine Erwartung an eine gute Lösung. Oft gibt es dazu bereits ein Bild, das er schon von anderen Anbietern oder seiner bisherigen Problemlösung mitgenommen hat.
Hat das Unternehmen nun keine oder keine konsistente Positionierung, besteht die Gefahr, dass die Wahrnehmungen des Kunden an den verschiedenen Touchpoints inkonsistent sind.
Als Resultat bleiben in der Kundenwahrnehmung oft nur Allgemeinsätze und Marketingfloskeln wie „Individuelle Beratung“, „Familienbetrieb seit 3 Generationen“, „kompetenter Service“ hängen. Eine Differenzierung ist damit nicht möglich. Versucht sich der Kunde aus solchen Banalitäten ein Bild über einen möglichen Geschäftspartner zu machen, kann das verschiedene Ergebnisse haben:
- Es entsteht ein sehr diffuses Bild. Das ist unauffällig. Das ohnehin schon mit Informationen überflutete Gehirn ist inzwischen gut darauf trainiert, solche „Nichtigkeiten“ herauszufiltern und gar nicht erst abzuspeichern.
- Es entsteht ein falsches Bild.
- Der Kunde setzt seine Wahrnehmung in Relation zu seinem mentalen Bild über die Angebote des Wettbewerbs. Sind diese klar und auf seine wichtigsten Erwartungen ausgerichtet, wird seine Entscheidung eher zugunsten des Wettbewerbsangebotes fallen.
Es kann auch passieren, dass unbeabsichtigt die Kundenwahrnehmung auf weniger relevante Aspekte gerichtet wird. Die für Kunden und Unternehmen tatsächlich wichtigsten Botschaften geraten dagegen in den Hintergrund.
Damit wird es für das Unternehmen nicht nur kurzfristig schwerer, die strategischen Marketing-, Umsatz- und Ergebnisziele zu erreichen. Solche einmal entstandenen unvorteilhaften Kundenwahrnehmungen können sich sehr hartnäckig halten und sind nur schwer wieder zu ändern. Al Ries schrieb dazu:
You see what you expect to see.
Das bedeutet: Sobald der Kunde eine Meinung bzw. Erwartungshaltung zu einem Angebot geformt hat, wird er weitere Informationen nach Möglichkeit so interpretieren, dass sie seine vorhandene Einschätzung unterstützen.
Die Bestandteile einer wirksamen Positionierung
Es wird klar, dass Unternehmen zur erfolgreichen Strategieumsetzung bewusst entscheiden sollten, welches Bild von sich und ihren Angeboten sie in der Wahrnehmung von Kunden, Interessenten und Öffentlichkeit erzeugen wollen. Dazu gehört mehr als Werbetexte, Claims und Image-Aussagen.
Zu einer Positionierung, die wirksam die Unternehmensziele unterstützt, gehören mindestens folgende Elemente:
- Strategiekonformität: Die Positionierung wird aus der Unternehmensstrategie und den darin vorgegebenen Entwicklungsrichtungen abgeleitet.
- Relevanz für den Kunden: Die Positionierung stellt auf die für die Kunden relevantesten Aspekte ab. Das reicht von Produkteigenschaften über Nutzenargumentation bis Problemlösung und Bedürfniserfüllung. Weder Konsumenten noch Entscheider in Unternehmen merken sich lange Listen von Produkteigenschaften. Wichtiger ist es, dem Kunden einprägsam genau die Aussagen zu vermitteln, die für seine Kaufentscheidung am wichtigsten sind. Das sind nicht immer die offensichtlichen, vordergründigen Kaufgründe.
- Einzigartigkeit: Viele Produkte und Leistungen bieten von ihrer Natur her wenigen Möglichkeiten für eine echte Differenzierung. Dennoch ist es meist möglich, in der Kommunikation gezielt einen für den Kunden bedeutsamen Teilaspekt aufzugreifen, den andere Anbieter zwar auch bieten, jedoch nicht explizit erwähnen.
- Werte: Alternativ bzw. immer auch ergänzend kann Einzigartigkeit bei vergleichbaren Angeboten über die Werte und Herangehensweisen des Unternehmens vermittelt werden.
- Kommunikation: Es muss möglich sein, die gewählte Positionierung kompakt, verständlich und einprägsam zu vermitteln. Die „eine Sache, die sich ein Interessent von uns merken soll“ muss mit wenigen Sätzen vermittelt werden. Dabei muss die Botschaft so eindeutig sein, dass Missverständnisse und Fehlinterpretationen ausgeschlossen sind.
- Nachhaltigkeit: Da Menschen eine einmal gefasste Meinung nur schwer wieder ändern, sollte die Positionierung auch zu den mittel- bis langfristigen Zielen des Unternehmens passen. Viele Menschen beurteilen Consumer-Marken auch heute noch an den Werbeslogans ihrer Kindheit.
Die Positionierung transportiert die relevanten Teile der Unternehmensstrategie zum Kunden
Die Positionierung wird so zum Bindeglied zwischen der Unternehmensstrategie und den Kunden. Sie hilft,
- Die Vorgaben der Unternehmensstrategie in Marketing und Kommunikation zu übertragen.
- Alle Customer-Touchpoints einheitlich und strategiekonform auszugestalten.
- Die Kommunikation auf die Botschaften und Aussagen zu fokussieren, die für den Kunden besonders relevant sind, seine Kaufentscheidung positiv beeinflussen können und eine dauerhafte positive Beziehung zu schaffen.
- Auf Dauer ein konsistentes, einprägsames und unverwechselbares Bild vom Unternehmen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zu schaffen.
Wegen dieser umfassenden und langfristigen Wirkung sollte eine Positionierung nicht nur von einzelnen Fachbereichen wie Marketing, Strategie oder Kommunikation entwickelt werden. Ein nachhaltig positiv wirkendes und in der Öffentlichkeit vermittelbares Bild des Unternehmens entsteht am besten im Zusammenspiel all dieser Bereiche. Dabei sollten unbedingt auch alle diejenigen mit einbezogen werden, die über die verschiedenen Customer-Touchpoints über direkte Kenntnisse von den Kunden mit ihren Erwartungen, Zielen, Idealvorstellungen, Problemen, Bedenken usw. haben.